Wie in den vergangenen Jahren rufen wir auch diesem Jahr zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht von1938 auf. In Zeiten, in denen der Krieg näher rückt und die Militarisierung zunimmt, kommt dem Gedenken als Mahnung „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ eine immer größere Bedeutung zu.
Die Gedenveranstaltung findet am 9. November 2022 um 18 Uhr auf dem Cannstatter Marktplatz statt. Anschließend gibt es eine Demonstration zum Platz der ehemaligen Synagoge, wo gegen 19 Uhr eine Kranzniederlegung stattfindet.
Ein Auszug auf dem Flugblatt zur Gedenkveranstaltung
Welt in der Krise – Aus der Geschichte lernen
Die heutige Welt ist geprägt von Krisen ökonomischer, ökologischer und sozialer Art. Nicht zuletzt durch die Klimakatastrophe wird die kapitalistische Produktionsweise immer mehr in Frage gestellt. Die Welt steuert in Richtung multipolarer Machtverhältnisse und die ehemals dominierenden Staaten versuchen, ihre Vormachtstellung zu verteidigen.
Das Ergebnis sind Krieg, Inflation und Armut weltweit. Die Situation erinnert an die Entwicklung von vor 100 Jahren mit großen gesellschaftlichen Umwälzungen, dem ersten Weltkrieg, Wirtschaftskrise und dem aufkommenden Faschismus, der von immer mehr Großkonzernen unterstützt und finanziert wurde.
Aktuell beobachten wir, wie wieder eine deutsche Regierung den Kurs der Aufrüstung fährt. Anstelle von bitter notwendigen Investitionen in das Bildungs- und Gesundheitssystem, werden Aufrüstungspakete in gigantischer Höhe beschlossen. Die Profiteure dieses Aufrüstungskurses, Rheinmetall, Hensoldt, Heckler & Koch sind in weiten Teilen dieselben Konzerne, die auch vom zweiten Weltkrieg profitiert haben.
Das gesellschaftliche, kulturelle und politische Zusammenleben weltweit ist nach wie vor geprägt von einer unvollständigen Erinnerungskultur mit blinden Flecken. Diese misslungene Aufarbeitung äußert sich im öffentlichen Bild unter anderem darin, dass nach wie vor Straßen und Plätze nach Faschisten benannt sind, wie beispielsweise die Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart, die den Namen eines ehemaligen SS-Untersturmführers trägt.
Diese öffentliche Ignoranz der Geschichte und mangelhafte Aufklärung sind brandgefährlich und tragen maßgeblich dazu bei, die Geschichte zu verharmlosen. Sie zeigt, dass wir noch lange nicht damit fertig sind, uns mit der Aufarbeitung der Geschichte auseinanderzusetzen und Lehren daraus zu ziehen. Nicht nur in Deutschland, auch in Europa, den USA und weltweit wird der Rechtsruck seitens der Regierung zunehmend hingenommen und toleriert, was zur Folge hat, dass die Zahl antisemitischer Straftaten immer stärker steigt.
So wurde bei uns in Stuttgart beispielsweise ein Info-Stand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft zum 50. Jahrestag des Attentats auf die israelische Olympiamannschaft angegriffen.
Gegen das Vergessen – Kommt am 9. November zur Gedenkkundgebung!
Der Gedenktag an die Pogromnacht 1938 ist für uns Anlass und Auftrag, uns unserer historischen Verantwortung bewusst zu werden, der Kultur des Vergessens mit einer Kultur des Erinnerns entgegenzuwirken, die demokratischen Grundrechte aller gegen Abbau und Aushöhlung zu verteidigen und uns einer Politik von Konfrontation und Wirtschaftskrieg zu widersetzen. Entgegen einer Politik der Militarisierung stehen wir für Abrüstung, Diplomatie und ein friedliches Zusammenleben sowie für eine solidarische Gesellschaft ohne Rassismus und Antisemitismus. Dies bedarf der Zusammenarbeit und entschlossenen Gegenwehr aller.
Für uns gilt getreu dem Schwur von Buchenwald:
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.