Antrag von Prof. Konrad Ruf (Bezirksbeirat, FW)


Prof. Konrad Ruf
ordentliches Mitglied des Bezirksbeirates von Stuttgart-Vaihingen

An den
Verwaltungsausschuss des Gemeinderates der Stadt Stuttgart
vertreten durch den Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster

70161 Stuttgart

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Nachdem der Ausschuss für Umwelt und Technik (UTA) in seiner Sitzung vom 17.06.2008 die Austellungsbeschlüsse zur Änderung des FNP 2010 Bereich Bahnhof Vaihingen – Fernomnibusbahnhof und zum Bebauungsplan Fernomnibusbahnhof (FOB) Stuttgart (Vaih 252) gefasst hat, stelle ich als Mitglied des Bezirksbeirates von Stuttgart-Vaihingen gem. § 18 Abs. 3 Geschäftsordnung für die Bezirksbeiräte (GOB) folgenden Antrag:

  • Es ist die Frage zu klären, ob der Ausschuss für Umwelt und Technik in seiner Sitzung vom 17.06.2008 ohne eine weitere Anhörung des Bezirksbeirates von Stuttgart-Vaihingen gem. § 14 Abs. 2 GOB in zulässigerweise den Aufstellungsbeschluss zur Änderung Nr. 44 des FNP 2010 im Bereich Bahnhof Vaihingen und zum Bebauungsplan Fernomnibusbahnhof (FOB) Stuttgart (Vaih 252) fassen konnte.
  • Bis zur endgültigen Klärung dieser Frage ist der Vollzug dieser Beschlüsse auszusetzen.

Begründung:
Gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 GOB ist der Bezirksbeirat zu wichtigen gemeindlichen Angelegenheiten, die den Stadtbezirk betreffen, zu hören, so wie dies bereits in § 65 Gemeindeordnung (GemO) vorgesehen ist. Um diesem Anhörungsrecht zu entsprechen bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 2 GOB, dass diese Angelegenheiten vor der Behandlung im Gemeinderat oder in seinen Ausschüssen dem Bezirksbeirat zuzuleiten sind. Dabei unterscheidet § 14 Abs. 2 GOB zwischen einer Pflichtanhörung und einer freiwilligen Anhörung und sieht auch unterschiedliche Verfahrensabläufe vor.

Die Zuleitung dieses Vorhabens erfolgte zur Sitzung des Bezirksbeirates am 10.05.2008. In dieser Sitzung hat der Bezirksbeirat von seinem Recht Gebrauch gemacht, diesen TOP § 13 GOB i.V.m. § 26 Abs. 2e Geschäftsordnung Gemeinderat (GOG) zu vertagen, da wesentliche Fragen in der eingebrachten Vorlage nicht erläutert wurden; insbesondere enthielt die Vorlage keinen Angaben zur künftigen Verkehrsentwicklung bzw. zu den finanziellen Auswirkungen, Fragen die bereits in früheren Sitzungen des Bezirksbeirates außerhalb der Anhörung gem. § 3 Abs. 1 GOB gestellt wurden.

Auf Grund dieses Vertagungsbeschlusses hat der UTA in seiner Sitzung vom 28.05.2008 diese entstandene Situation diskutiert und beschlossen, den Bezirksbeirat zu hören, so wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GOB vorsieht. In § 14 Abs. 3 GOB ist zwar geregelt, dass das Verfahren seinen Fortgang nimmt, wenn eine Entscheidung des Bezirksbeirates nicht zustande kommt, was mit dem Vertagungsbeschluss tatsächlich der Fall war. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 GOB lagen aber nicht vor, da diese Möglichkeit nur bei einer gem. § 8 Abs. 2 GOB einberufenen Sitzung besteht und eine gem. § 8 Abs. 2 GOB einberufene Sitzung unstreitig nicht vorlag; außerdem hat sich der UTA auf diese Möglichkeit nicht berufen.

Die Verwaltung hat das Vorhaben FOB somit erneut in die Sitzung des Bezirksbeirates vom 10.06 2008 eingebracht. Zu dieser Sitzung hat der Bezirksbeirat schriftlich formulierte Fragen vorbereitet, deren Beantwortung aber nur unzureichend erfolgte. Insbesondere die Problematik des zusätzlichen Verkehrs einschließlich einer künftigen Entwicklung blieben unbeantwortet. So hat der anwesende Verkehrsexperte Herr Öhler auf die Frage nach der Verkehrssituation geantwortet: „…..eine schwierige Frage…..“ oder „ ….es ist keine Aussage möglich“ oder „….Unterlagen müssen noch nachgereicht werden.“ Entsprechendes wurde zur finanziellen Auswirkung geäußert. Klare Antworten zu diesen wesentlichen Themen waren somit nicht zu erhalten.

Folgerichtig hat der Bezirksbeirat diese Aufstellungsbeschlüsse erneut mit 14 Neinstimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt und gleichzeitig beschlossen, dass das Vorhaben mit einer Stellungnahme des Bürgermeisteramts erneut zu behandeln ist, da auf eine erneute Behandlung gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 GOB ausdrücklich nicht verzichtet wurde.

In der Sitzung des UTA vom 17.06.2008 hat sich dieser mit seinen Aufstellungsbeschlüssen in unzulässigerweise über § 14 Abs. 2 Satz 2 GOB hinweggesetzt und lässt damit den Bezirksbeirat im „Regen stehen“. Der UTA durfte in der Sitzung vom 17.06.2008 noch keine Entscheidung treffen, da es sich bei diesem Vorhaben um eine Pflichtanhörung gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 GOB handelt. Ein Beschluss durch den UTA wäre gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 GOB nur möglich gewesen, wenn es sich um eine freiwillige Anhörung, d.h. um eine Anhörung ohne Bestehen einer Rechtspflicht gehandelt hätte; eine solche freiwillige Anhörung lag jedoch, wie erläutert, nicht vor. Offensichtlich ging die Verwaltung davon aus, dass die unstreitig zu Beginn des Verfahrens vorliegende Pflichtanhörung wegen des Vertagungsbeschlusses durch den Bezirksbeirat zu einer freiwilligen Anhörung wurde und deshalb ein Beschluss durch den UTA möglich war. Dieser Ansicht muss jedoch widersprochen werden, da die GOB keine Regelung dazu enthalten, dass ein Recht auf Anhörung verwirkt wird; ein zulässiger und auch begründeter Vertagungsbeschluss kann aus einer Pflichtanhörung keine freiwillige Anhörung entstehen lassen. Unabhängig davon hat der UTA mit seinem Beschluss in der Sitzung vom 28.05.2008 beschlossen, das Vorhaben FOB vor einer Entscheidung dem Bezirksbeirat zur Anhörung gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 GOB einzubringen. Dabei handelte es sich um das erstmalige Einbringen des Vorhaben im Rahmen einer Pflichtanhörung. Da ser Bezirksbeirat das Vorhaben mit mit 14 Jastimmen bei 2 Enthaltungen mit mehr als 2/3 Mehrheit abgelehnt hat, muss das Vorhaben gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 GOB mit einer Stellungnahme der Verwaltung nochmals behandelt werden, es sei denn, die Verwaltung folgt der Auffassung des Bezirksbeirates oder der Bezirksbeirat verzichtet auf eine erneute Behandlung, was dieser aber mit einem Beschluss ausdrücklich ausgeschlossen hat. Der UTA kann erst nach dieser erneuten Sitzung des Bezirksbeirates eine Entscheidung treffen. Diesen vorgeschriebenen Verfahrensablauf hat der UTA mit seinem Beschluss am 17.06.2008 missachtet. Da somit gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen wurde, kann der Beschluss vom 17.06.2008 keinen Bestand haben. Der Vollzug des Beschlusses muss daher jedenfalls bis zu einer Klärung des Sachverhalts ausgesetzt werden.

Ich bitte daher, im beantragten Sinne zu entscheiden.

Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass die GOB für den Fall, dass ein Bezirksbeirat mehrfach mit 2/3 Mehrheit ein Vorhaben der Verwaltung ablehnt, keine Regelung vorsieht und deshalb lückenhaft ist; insoweit sollte eine Klarstellung der GOB erfolgen.

Konrad Ruf