Artikel in der Filderzeitung vom 10.9.2008

FOB-Gegner bezeichnen Stadträte als "dilettantisch und ignorant"
Mitglieder des Gemeinderats weisen Vorwürfe als ungerechtfertigt zurück - Interessengemeinschaft formuliert sechsseitigen Fragekatalog

Vaihingen. Die Interessengemeinschaft gegen einen Fernomnibusbahnhof in Vaihingen (IgFOB) hat sich in einem offenen Brief an die Stadträte gewandt. Sie fordert die Gewählten dazu auf, mehr Einfluss auf die Planungen des neuen Gebäudekomplexes zu nehmen.

Von Alexandra Böttinger

In einer Pressemitteilung betont die Initiative, dass sie "die für Vaihingen wie für das Image der Stadt Stuttgart gleichermaßen schädliche Verlegung des ZOB in einen Außenbezirk nach wie vor strikt und aus guten Gründen ablehnt" und es "begrüßen würde, wenn der Gemeinderat seine Entscheidung hierüber noch einmal überdenken und korrigieren würde". Doch auch wenn dies nicht geschehe, wolle die IgFOB die "Rechte zur Beteiligung der Bürger an städtischen Planungen weiter in Anspruch nehmen".
Immerhin solle mit der Änderung des Flächennutzungsplanes und der Aufstellung eines Bebauungsplanes eine Fläche von 25.000 Quadratmetern einer neuen Nutzung zugeführt werden. Weniger als ein Fünftel dieses Areals - so die Berechnungen der Bürger-Initiative - seien dabei für den FOB vorgesehen. "Dass die den politischen Gremien vorgelegte Bauleitplanung über die Nutzung von vier Fünfteln des Geländes praktisch keine Angaben enthält, hat uns stutzig gemacht. Vor allem nachdem hierzu bei einer Veranstaltung für Investoren, dem sogenannten Immobilienforum, vom Grundstückseigentümer und der städtischen Wirtschaftsförderung durchaus detaillierte Vorstellungen auf den Tisch gelegt wurden" so die IgFOB.

In einem sechsseitigen offenen Brief an die Stadträte hat die Interessengemeinschaft nun einen umfangreichen Fragekatalog bezüglich der Nutzung der Flächen um den künftigen FOB formuliert. Die Antworten der Gewählten werden im Internet veröffentlicht. So werde ein transparenter und bürgernaher Dialog ermöglicht, schreibt die IgFOB. Nicht in dem offenen Brief an die Stadträte, wohl aber in der zusätzlichen Mitteilung an die Presse, ist zu lesen: "Bei der Initiative befürchtet man nun, der Gemeinderat könnte hier ebenso dilettantisch und ignorant vorgehen wie bei der Standortsuche für einen neuen ZOB und statt von seiner Planungshoheit Gebrauch zu machen, die Bauplanung weitgehend privaten Investoren überlassen."

Diesen Vorwurf wollen die Stadträte nicht auf sich sitzen lassen. "Ich finde es grundsätzlich gut, wenn sich die Bürger einmischen und auf Schwachpunkte aufmerksam machen", sagt die Vaihinger Betreuungsstadträtin Roswitha Blind (SPD). Bei der IgFOB habe sie jedoch allmählich den Eindruck, dass sich diese von der realen Politik entferne. Dass man die Planungen einfach den Investoren überlasse, sei Unsinn. "Es wird einen Wettbewerb geben, in dem bestimmte Kriterien festgeschrieben werden." Zudem beruhten die Anschuldigungen der Interessensgemeinschaft auf Halbwissen. "Ich wünschte, die IgFOB würde sich genauer informieren, bevor sie solche Unterstellungen verbreitet", sagt die Stadträtin. Die in dem offenen Brief formulierten Fragen werde sie voraussichtlich schriftlich beantworten. Auf einen mündlichen Austausch wolle sie sich nicht wieder einlassen, weil nach dem letzten Gespräch Aussagen verdreht worden seien, so Blind.

CDU-Stadtrat Jürgen Sauer sieht die Anschuldigungen gelassen: "Solche Vorwürfe prallen relativ geräuschlos an mir ab", sagt der Vaihinger Betreuungsstadtrat. Er könne die Anschuldigungen der IgFOB nicht ernst nehmen. "Es hat eine sehr lange und gewissenhafte Diskussion gegeben. Auch die Parteien im Stuttgarter Gemeinderat, die für den FOB-Neubau in Vaihingen gestimmt haben, haben sich die Entscheidung nicht einfach gemacht." Das Votum sei das Ergebnis einer Güterabwägung gewesen. "Ich werde mich erst dann wieder mit der IgFOB unterhalten, wenn diese ernsthaft und ohne Vorwürfe diskutiert", kündigt Sauer an.

Auch Klaus Vogt, Leiter der Wirtschaftförderung Stuttgart, versteht die Aufregung nicht. "Es handelt sich um ein ganz normales, geregeltes Verfahren." Bei den Planungen sei niemand übergangen worden. "Aber es ist doch klar, dass verschiedene Gespräche geführt werden müssen", sagt Vogt.