Filderzeitung 26.11.2003
Kein Zentraler Omnibus-Bahnhof in Vaihingen
Stuttgarter Umwelt- und Technikausschuss (UTA) lehnt Verlegung in den Fildervorort ab

Vaihingen. "Alle sind sich einig, dass man ihn braucht. Aber keiner will ihn haben." Mit dieser Aussage hat der Stuttgarter Baubürgermeister Matthias Hahn den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn er das Gezerre um den Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB) beschreibt, das kürzlich entbrannt ist. Denn derzeit befindet sich der ZOB in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs in der Stuttgarter Innenstadt. Dort kann der Verkehrsknotenpunkt aber nicht bleiben, wenn die Planung zu Stuttgart 21 in Gang kommt. Deshalb hatte Hahn vorgeschlagen, den ZOB Mitte 2005 - wenn der Startschuss für das Großprojekt gegeben wird - zumindest übergangsweise auf den ehemaligen Güterbahnhof beim Regierungspräsidium in Vaihingen zu verlegen (die Filder-Zeitung berichtete).

Dort allerdings wird der Busbahnhof keine Zukunft haben. Das musste Hahn gestern in einer Sitzung Umwelt- und Technikausschusses (UTA) im Stuttgarter Gemeinderat zur Kenntnis nehmen, in der er bei allen Fraktionen auf geballten Widerstand gegen das Vorhaben stieß. Schon der Bezirksbeirat hatte sich in seiner jüngsten Sitzung dagegen gewehrt, dass der Busbahnhof nach Vaihingen kommt. Zum einen, so das Argument der Bezirksbeiräte, sei eine weitere Lärmbelastung für den Stadtbezirk nicht zumutbar. Immerhin steuern in Stuttgart jährlich 26.500 Busse mit 1,3 Millionen Fahrgästen den ZOB an. Das wäre in Vaihingen nicht anders, und "das widerspricht den Grundsätzen des Lärmminderungsplans", sagter Bezirksvorsteher Herbert Burkhardt.

Zum anderen würde ein Busbahnhof in Vaihingen nicht zentral genug liegen, befürchten sowohl Bezirksbeiräte als auch Stadträte. Das spöttische Bonmot vom Zentralen Busbahnhof (ZOB), der zum Peripheren Busbahnhof (POB) wird, hatte zuletzt die Runde gemacht. Schließlich liegen in anderen Städten die Busbahnhöfe dicht bei den Hauptbahnhöfen - in Hamburg zum Beispiel ist der ZOB nur 150 Meter vom Hauptbahnhof entfernt, in München 700 Meter. "Es ist Fahrgästen nicht zuzumuten, erst vom Hauptbahnhof mit der S-Bahn nach Vaihingen zu fahren, um dort umzusteigen, sagte etwa die SPD-Stadträtin Gisela Abt.

Während Hahn aus Kostengründen dennoch für den Standort Vaihingen plädierte ("Die Flächen in der Innenstadt und am Hauptbahnhof sind wahnsinnig teuer"), erteilten ihm die Stadträte eine klare Abfuhr. "Ich glaube nicht, dass Vaihingen der richtige Standort ist", sagte Roland Schmid (CDU). Rainer Kußmaul (SPD) griff Hahn wegen seines Vorgehens an: "Sie hätten schon lange recherchieren und einen anderen Standort finden können." Vaihingen sei jedenfalls nicht geeignet. Dieser Einschätzung schlossen sich auch Michael Kienzle (Grüne) und Joachim Fahrion (FW) an.

Schließlich einigten sich die UTA-Mitglieder darauf, dass die Verwaltung ein städtisches Gelände an der Jägerstraße in der Nähe des Hauptbahnhofs als Standort für den ZOB untersuchen soll. Damit ist der Vorschlag, den ZOB nach Vaihingen zu verlegen, wohl endgültig vom Tisch. Simone Fieß

 

Filderzeitung vom 19.11.2005

Vaihinger wollen verhindern, dass aus dem ZOB ein POB wird
Verlegung des Zentralen Omnibusbahnhofs an die Stuttgarter Peripherie findet im Bezirksbeirat keine Zustimmung


Vaihingen (uvo)
Soviel Zustimmung erfahren politische Gremien selten. Nachdem der Bezirksbeirat Vaihingen einstimmig allen Überlegungen eine Absage erteilte, den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) von der Südflanke des Stuttgarter Hauptbahnhofs nach Vaihingen zu verlagern, applaudierten die Zuhörer der jüngsten Beiratssitzung erleichtert. "Das kann nur jemand beantragen, der die hiesigen Örtlichkeiten überhaupt nicht kennt", hatte sich zuvor ein Bürger beschwert, "in der Robert-Koch-Straße kriegt man jetzt schon Atemnot."

Derzeit liegt der ZOB in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof - ein optimaler Standort mit guter Verkehrsanbindung und Anschlussmöglichkeiten sowohl an Fernzüge als auch an S- und Stadtbahnen. Doch wenn die Planung zum Großprojekt Stuttgart 21 in Gang kommt - der Baubeginn wird nun für das zweite Halbjahr 2005 angepeilt - muss dringend ein Alternativgelände gefunden werden. Ein mühsames Unterfangen, denn innerstädtische Flächen sind rar und teuer oder nach den Untersuchungsergebnissen der Universität Stuttgart aus städtebaulichen Gründen ungeeignet. Ideal wäre dagegen der künftige Straßburger Platz unmittelbar hinter dem nördlichen Bahnhofsgebäude - allerdings erst nach Abschluss der S-21-Bauarbeiten, deren Dauer immerhin auf zehn Jahre veranschlagt wird.
Für der ZOB muss also auf jeden Fall ein (Zwischen-)Lösung gefunden werden. Deshalb richtet sich das Augenmerk der Stadtplaner auf zwei weitere Flächen: Zum einen auf das städtische Gelände zwischen Jäger- und Kriegsbergstraße, dessen Verfügbarkeit aufgrund bestehender Pachtverträge erst noch geklärt werden muss. Zum anderen haben die Planer ein Auge auf den ehemaligen Güterbahnhof beim Regierungspräsidium in Vaihingen geworfen. Denkbar wäre hier ein "Mobilitätszentrum" für das Gewerbegebiet Vaihingen / Möhringen mit ZOB und Parkhaus.

Bezirksvorsteher Herbert Burkhardt allerdings will "die Verkehrsprobleme in Vaihingen lösen und nicht neue schaffen". Dieser Prämisse entsprechend plädierten alle Fraktionen für eine innerstädtische Lösung, die im übrigen nicht nur von den Busunternehmern bevorzugt würde, sondern auch von Klaus Friedrichsen, dem städtischen Baurechts- und Verkehrsexperten. Nach dessen Erfahrung haben andere Großstädte ihre Busbahnhöfe bewusst in Zentrumsnähe gerückt, um sowohl für den Linien- und Busfernreiseverkehr als auch für Tagestouristen attrakiv zu bleiben.

In Stuttgart steuern jährlich 26.500 Busse mit 1.3 Millionen Fahrgästen den ZOB an - ein gewaltiges Verkehrsaufkommen. Konrad Ruf (Freie Wähler) wies darauf hin, dass ohnehin überlastete Nord-Süd-Straße zur Weiterbeförderung der Fahrgäste völlig ungeeignet sei. Georg Endel (CDU) befürchtete gar einen Schwabenstreich. "In Vaihingen würde der ZOB zum POB, nämlich vom zentralen zum peripheren Omnibus-Bahnhof."

Auch eine Interimslösung lehnten die Vaihinger kategorisch ab. Auch der aktuelle Stuttgarter Busbahnhof war nämlich nur "vorläufig" angelegt worden - vor 50 Jahren.

 

Stuttgarter Zeitung, 26. November 2003
"Busbahnhof gehört an den Hauptbahnhof"
Absage an Standort Vaihingen

Schwierige Suche nach einem Standort für den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB): von der möglichen Fläche beim Bahnhof Vaihingen ist der Technikausschuss nicht angetan, das bevorzugte Grundstück beim Interimsrathaus ist aber lange nicht verfügbar.

Von Mathias Bury
Im Laufe des Jahres 2005 soll die Entscheidung für den Bau des Bahnprojekts Stuttgart 21 fallen. Dann muss der Busbahnhof am Südausgang des Hauptbahnhofs verlegt werden. Wo der neue Standort liegen soll, darüber zerbrechen sich die Stadtplaner seit Jahren den Kopf. Wohin sie ihre Fühler ausstrecken, überall stoßen sie auf Widerstand.

Vor Jahren war eine Fläche südlich des Bahnhofs Bad Cannstatt im Gespräch - der Bezirksbeirat hat protestiert. Ähnliches vollzieht sich derzeit in Vaihingen, wo das Stadtplanungsamt ein Bahngrundstück nordöstlich des Vaihinger Bahnhofs ins Auge gefasst hat (wir haben berichtet). Dieses könnte wenigstens übergangsweise als ZOB dienen, eventuell verbunden mit einem Parkhaus, integriert in ein Mobilitätszentrum für das Gewerbegebiet Vaihingen / Möhringen.

Doch nicht nur der Bezirksbeirat Vaihingen, auch der Technikausschuss hat die Pläne gestern abgelehnt: "Irgendwo müssen wir den Bahnhof aber bauen", appellierte Baubürgermeister Matthias Hahn an das Gremium. "Als Auffangposition ist Vaihingen doch nicht falsch." Doch für die Fraktionen gehört der Busbahnhof an den Hauptbahnhof. Sie wollen den ZOB auf einem Grundstück zwischen Kriegsberg- und Jägerstraße plazieren, direkt bei der alten Bahndirektion.

Für Klaus Friedrichsen, den Leiter der Verkehrsplanung, ist das "ein erster Strohhalm". Auch er ist überzeugt, dass nur ein ZOB-Standort in zentraler Lage beim Hauptbahnhof funktionieren wird. Das zeigten die Erfahrungen anderer Städte. Allerdings ist die Fläche beim Interimsrathaus, die zum Großteil der Stadt gehört, langfristig vergeben. Darauf steht ein Parkhaus, der Betreiber hat ein Erbbaurecht. "Das ist alles sehr vage", kritisiert SPD-Stadtrat Rainer Kußmaul die Präsentation der Verwaltung. Der Grünen-Stadtrat Michael Kienzle befand, diese Situation entspreche angesichts der schwierigen Finanzlage der Deutschen Bahn duchaus dem Stand der Dinge bei Stuttgart 21.