Vaihingen stoppt die Allianz-Pläne: Reden #1

Als erste Rede der Demo „Vaihingen stoppt die Allianz-Pläne“ veröffentlichen wir heute die Rede von Gerhard Wick.

Liebe Vaihingerinnen und Vaihinger, die ihr so schnell nicht aufgebt, wenn es um den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und unseres Lebensumfelds geht, liebe alle, die uns hierbei unterstützen, vielleicht, weil sie damit rechnen, dass schon morgen der Fortschritt auch über ihren Stadtbezirk hereinbricht, sei es dass sie bereits ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Mein Name ist Gerhard Wick, ich bin Bezirksbeirat in Vaihingen vom parteifreien Bündnis Stuttgart ökologisch sozial und aktiv in der Vaihinger Einwohner-Initiative VÖS, die zu dieser Demo und Kundgebung aufgerufen hat.

Was glauben die da unten im Stuttgarter Rathaus eigentlich, uns Vaihingern noch alles zumuten zu können?
Ja, Vaihingen war von jeher auch ein Industrie- und Gewerbe-Standort. Es besaß aber auch große Grün- und Naherholungsgebiete, Frischluft-Zubringer für die Innenstadt. Bis Mitte der 90er-Jahre. Dann kam der Fortschritt so richtig über uns.
Heute stehen wir hier am Rande des größten Gewerbegebiets der Stadt, das derzeit bis zum Äußersten aufgesiedelt und verdichtet wird. Unter dem für seine Nähe zur Immobilienwirtschaft bekannten OB Schuster wurden parallel dazu ein Grün- und Erholungsraum nach dem anderen zugebaut. Wann immer ein Immobilienverwerter oder Konzern auf einen Grünbereich, auf Kleingärten oder Baumwiesen zeigte und zu verstehen gab: Genau hier will ich bauen, die Stadt schaffte ihm Baurecht. Das Naherholungsgebiet Unterer Grund, heute ein großes Gewerbezentrum (STEP) mitten in der Kaltluftschneise zur Innenstadt, die Kleingärten in den Honigwiesen heute ein Audi-VW Autozentrum,
die unteren und oberen Waldplätze ein noch immer wachsender Gewerbestandort und mitten im Ortskern, wo andere Gemeinden Wohnungen ansiedeln oder Kultureinrichtungen, ein der Öffentlichkeit unzugängliches, alles dominierendes Global Training Center von Daimler. Die Kleingärten im Birkhof, demnächst ein großer Erweiterungsbau des Fraunhofer-Instituts. Und was Gewerbeinvestoren übrig lassen, muss dem neu entstandenen Wohnbedarf geopfert werden:
Die Obstbaumwiesen der Lauchäcker, heute ein neuer Stadtteil, ebenso wie schon zuvor der Feldrand und der neue Endelbang. Ein weiterer Bereich der Honigwiesen heute Eigentumswohnungen.
Trotzdem bleibt ein fast einmaliges Missverhältnis von Arbeitsplätzen und Einwohnerzahl (62.000 zu 45.000). Der Stadt Stuttgart mögen einige dieser Gewerbebauten zusätzliche Einnahmen gebracht haben, Vaihingen haben sie vor allem eines gebracht: Immer mehr motorisierten Individualverkehr und damit Lärm, Luftverschmutzung und eine Verschlechterung der Wohn- und Lebensqualität.

Manche mögen jetzt gehofft haben, angesichts der durch den Klimawandel notwendig gewordenen Umkehr und bei einem grünen Oberbürgermeister und nun auch grünen Baubürgermeister würde der Naturzerstörung auch in Vaihingen ein Ende gesetzt. Sie hatten gehofft, die Stadtplanung würde sich mehr an den ökologischen Notwendigkeiten und den Bedürfnissen der Einwohnerinnen orientieren, statt jedem Konzernwunsch hinterher zu planen.
Heute müssen wir feststellen: Es ist nicht besser, es ist schlimmer geworden.
Von den drei großen Vorhaben, die in Vaihingen realisiert werden sollen, baut nur Daimler mit bereits bestehendem Baurecht. Für das Vorhaben Garden-Campus der Gerch-Group auf dem Eiermann-Areal sollen 15.000 m2 Wald abgeholzt werden.
Das Vorhaben der Allianz stellt nun aber alles in den Schatten, was wir aus den Schusterschen Zeiten der Immobilien- und Konzernhörigkeit einer Stadtverwaltung kennen. Es gibt nur einen Grund, warum für den Allianz-Konzern kein anderer Standort in Stuttgart in Frage kommt und das ist der, dass sie der Boden für ihre Bürostadt hier nicht nur nichts kostet, sondern sie, sollte der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan in ihrem Sinn geändert werden, auch noch einen Immobilienwertgewinn von mindestens 20-30 Mio. einstreicht. In den Vorgaben für das Planungsverfahren steht schon jetzt der Satz: „Der zunächst durch einen einzigen Nutzer betriebene Gebäudekomplex soll jederzeit in einen Solitär und zwei Satelliten geteilt werden können, die vollständig autark funktionieren. Bei allen Gebäudeteilen soll zusätzlich eine spätere Drittanwendbarkeit, also etwa die Vermietung von Büroeinheiten baulich möglich sein.“
Dafür soll in Vaihingen nun auch noch neben dem größten Stuttgarter Gewerbegebiet in der Kaltluftschneise, auf Sportflächen eine Bürostadt in dem Himmel wachsen. Und damit immer noch nicht genug, es sollen, wenn es nach dem Willen unseres grünen Baubürgermeisters geht, der Allianz auch gleich noch städtischer Wohnraum und ein erst vor kurzem wegen eines anderen Konzerns hierher verlagerter Betriebshof des AWS zum Abriss und zur Schaffung eines Portals in ihre Bürostadt übergeben werden.
Der Bezirksbeirat Vaihingen hat eine Änderung der Bauleitplanung im Sinne der Allianz fraktionsübergreifend (mit Ausnahme von Teilen der CDU) abgelehnt. Bei einer ersten Bürgeranhörung mit fast 100 Teilnehmer/innen hat kein einziger für das Allianz-Vorhaben gesprochen. Mit über 1000 Unterschriften hat die Vaihinger Bevölkerung gegen das Vorhaben protestiert. Im Stuttgarter Gemeinderat haben wir bisher nur die Fraktion SÖS-Linke-PluS auf unserer Seite.

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