E-Mailaktion Stoppt die Allianz-Pläne #2

Nachdem wir gestern unsere vorformulierte E-Mail an die StadträtInnen auf der Homepage veröffentlicht hatten, ist heute die Antwort von Stadtrat Pfeifer (SPD) und eine von zwei Antworten von Einwohnern an der Reihe.

Die Antwort von Herrn Stadtrat Pfeifer (SPD) auf unsere Aktion:

Sehr geehrter Herr Retter,

Sie waren doch tatsächlich der erste Absender eines vorformulierten
Reihenmails, dessen ausführlicher Inhalt die Sorgen bzgl. der
Allianz-Bebauung übermittelt hat. Deshalb möchte ich Ihnen auch gerne
antworten.

Die zahlreichen weiteren gleichlautenden mails mit verschiedenen Absendern
haben Ihre Argumente zwar nicht verstärkt, aber die heutigen technischen
Möglichkeiten deutlich gemacht. Sie gefährden dadurch aber nur die
Ernsthaftigkeit Ihrer Bemühungen, man liest diese mails einfach nicht mehr
sondern klickt sie weg. Wer auch immer dies initiiert oder Sie beraten hat,
hat der Sache keinen guten Dienst erwiesen.

Aber nun zu den Argumenten:

1. Es ist richtig, dass die Markung Vaihingen viele Arbeitsplätze aufweist.
Aber im Verhältnis zur Einwohnerzahl sind dies in der Neckarschiene noch
viel mehr – und das sind nicht hauptsächlich Schreibtischarbeitsplätze!

2, Von vorauseilendem Gehorsam kann nicht die Rede sein, aber von der Sorge
um 4500 Arbeitsplätze in Stuttgart im Finanzdienstleistungssektor.

3. Für den Sportverein TSV Georgii Allianz hat sich in den letzten Tagen
die Problematik deutlich entspannt, denn Allianz würde u.a. eine
dreiteilbare Sporthalle und einen neuen normgerechten Kunstrasenplatz mit
Flutlicht bauen, der Dank der tollen Solidarität der Nachbarvereine möglich
wäre.

4. Richtig ist, dass durch die Umwandlung des Sportgeländes in Bauland ein
Gewinn entsteht, der aber größtenteils von der Stadt abgeschöpft werden
würde.

5. Der Neubau der Sportinsel ist nur von Teilen der Grünen abgelehnt
worden, nicht von der Verwaltung und der SPD. Dass es nicht geklappt hat,
lag am wenigsten an der Stadt oder dem Gemeinderat.

Richtig bleibt aber, dass die klimatischen Auswirkungen einer Bebauung noch
nicht bekannt und die Verkehrsproblematik noch nicht gelöst ist. Beides ist
für uns wesentlicher Bestandteil der Meinungsfindung.

Mit freundlichen Grüßen

Hans H. Pfeifer
Oberbürgermeister a.D. & Citymanager i.R.

Rückantwort auf die E-Mail von Stadtrat Pfeifer von Herrn Völker aus Stuttgart-Vaihingen

Sehr geehrter Herr Pfeifer,

ich weiß sehr zu schätzen, dass Sie auf ein Reihenmail, das Sie kürzlich aus Vaihingen er­reichte, immerhin mit einer inhaltlichen Antwort reagierten. Mit Recht weisen Sie darauf hin, dass diese Form der Kommunikation fragwürdig ist, und in diesem Punkt kann ich Ih­nen in der Tat beipflich­ten. Derartiges ist – und der ebenso populäre wie drastische Aus­druck bezeichnet das überraschend zutreffend – „ein Griff ins Klo.“

Nun zu Ihren Ausführungen:

1. „Arbeitsplätze … in der Neckarschiene noch viel mehr …“
Unser Stadtteil, der bereits jetzt unter überhöhtem Verkehr leidet, wird durch die vorhersehb­are (!) Entscheidung des Gemeinderats bzw. Ihrer Fraktion in massiver Weise noch weiter belastet werden. Aber Sie versuchen die Bedenken der Bürger abzuwie­geln mit „Was wollen Sie denn, wo anders ist es doch noch schlimmer.“ Wenn dies von jemand ande­rem käme, würden Sie das nicht selbst als zy­nisch bezeichnen?

2. „Sorge um 4500 Arbeitsplätze in Stuttgart“
Wollen Sie so verstanden werden, dass die Allianz, wenn man ihren Plänen nicht zu­stimmt, Stutt­gart verlassen würde? Hat sich das Unternehmen denn überhaupt in diesem Sinn schon geäußert? Solches nämlich von vornherein anzusetzen und umgehend Signale der Bereitwil­ligkeit zu senden – genau das ist vorauseilender Gehorsam!
Und selbst wenn: Dann sollten Sie wenigstens offen erklären, dass die von den Bür­gern ge­wählten Gremien (hier der Gemeiderat; sinngemäß gilt das natürlich auch für Landtag und Bundestag) jeder­zeit von Großunternehmen erpresst werden können – mit der Drohung, sonst die Arbeitsplätze zu verlagern. Und dass Ihre Fraktion/Partei in dem Konkurrenzk­ampf der Kommunen um Investoren – der im Grunde ihnen allen schadet – eben weiter mit­spielen wollen. Konkret: Wer lockt mit der niedrigsten Gewerbesteuer, den günstigsten Grundstückspreisen, den höchsten Subventionen? Eine Endlosspirale . . .
Generell zu dem Arbeitsplätze-Argument:
Das wird bei allem (!) angeführt, was in irgendeiner Weise die Renditeziele von Unternehm­en ein­schränken könnte: Begrenzung von Braunkohletagebau, Waffenproduk­tion und -ex­port, Leih- und Zeitarbeit, Kfz-Abgasen (!), Dumpinglöhnen, Kapitaltransfer, Abholzung von Regenwäldern, Was­serverschmutzung und und und. Ließe sich beliebig weiterführen; auch gegen Arbeitnehmerrechte, sogar gegen eine Vermögensteuer wird das ein­gesetzt. Je­desmal kommt der gleich Holzhammer: ge­fährdet Arbeitsplätze . . .
Zu ‚Erpressung‘ nur noch ein Satz: Dazu gehört immer auch jemand, der sich erpres­sen lässt.

3. Sportverein: Geschenkt. Die paar Hansele fallen sowieso nicht ins Gewicht . . .

4. „Gewinn .. größtenteils von der Stadt abgeschöpft“
Hochinteressant! Da dürfen wir gespannt sein. Wer wird wann wieviel abschöpfen? Hier wäre au­ßerordentlich hilfreich, Beispiele aus der Vergangenheit zu erfahren: von wem, wie­viel? Es wäre na­türlich für die direkt Beteiligten willkommen, wenn einer Veröffentlichung solcher Interna Privat­recht, Gemeindeordnung, Steuergeheimnis oder sonstwas entgegenste­hen würde.

5. Sportinsel – ohne dass ich mich als deren Förderer verstehen würde: Wenn es der Gemeinderat nicht war – Ja und warum hat es dann nicht geklappt?

xx „klimatische Auswirkungen noch nicht bekannt“.
Wer wird denn beauftragt, das zu untersuchen? Und wenn diese Auswirkungen als negativ dargelegt würden – welche Folgen hätte das für Ihre Entscheidung? Wollen Sie in Aussicht stellen, dass Sie etwa ablehnen wür­den?? Überflüssig zu sagen, dass Sie das Vorhaben trotzdem bauen ließen. Be­währte Einleitung: „Wir haben uns das nicht leicht ge­macht . . . Aber nach sorgfältiger Abwägung aller Faktoren . . .“ Solche Vorgänge kennen wir ja von ande­ren (Groß-)Projekten aus der Region: Die für Klima (oder auch Denkmalschutz) zuständigen Ämter erhalten entsprechende Vorgaben (bitte den Begriff ‚Maulkorb‘ mit Empörung zu­rückweisen), und wenn es doch zu einer kritischen Stellungnahme kommen sollte, wird sie nicht veröffentlicht: Weil nicht sein kann was nicht sein darf . . .

xx „Verkehrsproblematik noch nicht gelöst“
Hier sollte man die Formulierung „noch nicht“ besonders beachten. Als ob Sie nicht genau wüssten, dass es da nichts geben k a n n , was auch nur annähernd den Namen „Lösung“ verdient! Selbst wenn von den Beschäftigten dann ein paar hundert öffentliche Verkehrsmitteln benutzen – es blei­ben mehrere tausend (!) zusätzliche Kfz-Fahrten. Welcher wie immer gestaltete ‚Plan‘ wird denn daran etwas ändern? Die Autos auf andere (welche?) Straßen abdrängen? Bauen, ver­breitern? Seit Jahrzehnten ist nachgewiesen, dass neue Straßen immer nur weiteren Verkehr anziehen (neudeutsch ‚generieren‘; gilt natürlich auch für Rosensteintunnel und Dergleichen). Und das ist ja hier nur eine erste Stufe: Dann kommt noch Daimler, danach der Eier­mann-Campus . . . Da Ihnen das nur zu gut bekannt ist, wie soll man das öffentliche Hantieren mit „noch nicht gelöst“ denn bezeichnen? Be­schwichtigung / Vernebelung / Täuschung / Lüge / Be­trug? Wählen Sie bitte den passenden Begriff.

Fazit: Die Bürger von Vaihingen werden Ihnen als Betreuungsstadtrat für weitere Wirtschaftsförde­rung und damit verantwortungsvollen Einsatz für das Allgemeinwohl sicher dankbar sein.

Erlauben Sie mir zuletzt noch einen kleinen Hinweis. Vor einigen Monaten hat Herr Hagenbuch von der Allianz in ei­nem ausführlichen Interview (StZ 26.7.16) dargelegt, dass sein Unternehmen die „Fra­gen und Sor­gen“ der Bürger „sehr ernst nimmt“, sich bemüht „gut angenommen zu werden“ und vor allem „zu einer Entlastung beizutragen.“ Will sagen: Genau die Instanz, die die Be­lastung herbei führt, dient sich als Helfer und Problemlöser an! Eine Spitzenleistung an Öffentlichkeits-arbeit! Nach diesem Vorbild ließen sich Ihre bereits gut laufenden Good-Will-Bemühungen ggf. noch weiter optimieren.

Nochmals: Wenn Sie ungeschminkt dazu stehen würden, was Sie glauben tun zu müssen („Uns, den gewählten Volksvertretern, bleibt doch gar nichts anderes übrig als die Wünsche der Wirtschaft zu erfüllen“), verdienten Sie vollen Respekt und Verständnis für Ihre Notlage. Nicht die unterschiedli­chen Positionen und das entsprechende Handeln sind das Kernproblem, sondern die Vertuschung durch Begriffe wie Vernunft, Realitätssinn, Sachzwänge, Fortschritt, Wachstum, Wohlstand . . . Im­merhin wird das ‚alternativlos‘ inzwischen weniger häufig verwendet als früher.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Völker, Vaihingen

Da Baubürgermeister Pätzold nicht bereit ist mit uns zu sprechen und die StadträtInnen ebenfalls nicht erkennen lassen die Pläne in Frage zu stellen zu wollen, rufen wir zu einer Demonstration am 19.01. auf.

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